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Jede zweite Pflegefachperson in Nordrhein-Westfalen muss „oft“ oder „sehr oft“ ungeplant bei der Arbeit einspringen. Das hat eine Umfrage ergeben, die das renommierte Institut für Demoskopie (IfD) Allensbach im Auftrag der Pflegekammer NRW durchgeführt hat. „Die häufigen Umdisponierungen der Arbeitspläne und die damit verbundene geringe Planbarkeit des Alltags stellen eine erhebliche Belastung für die Pflegefachpersonen dar“, sagt Ilka Mildner, Mitglied des Vorstands der Pflegekammer NRW.

15. April 2024 – Besonders stark, wie die Umfrageergebnisse im Detail zeigen, trifft es die Beschäftigten in der stationären Altenpflege: Hier gaben mit 64 Prozent knapp zwei Drittel der Befragten an, dass sie „oft“ oder „sehr oft“ ungeplant bei der Arbeit einspringen müssen. Die Waage hält es sich dagegen bei den Pflegefachpersonen, die im Krankenhaus arbeiten (48 Prozent) oder in der ambulanten Pflege (51 Prozent) tätig sind. Vergleichsweise weniger angespannt ist die Situation derzeit in der Psychiatrie, in der 40 Prozent der Beschäftigten „oft“ oder „sehr oft“ einspringen müssen. „Die Zahlen sind insgesamt alarmierend. Wir brauchen dringend Planungssicherheit für unsere Kolleg*innen“, sagt Ilka Mildner, Mitglied des Vorstands der Pflegekammer NRW.

Über 80 Prozent der Pflegefachpersonen in NRW sind weiblich. Studien zeigen, dass der Großteil der Care-Arbeit, also die private Betreuung der Kinder oder auch die Pflege von Angehörigen, heute noch immer von Frauen geleistet wird. Eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in der Pflege daher maßgeblich. Dies verdeutlichen ebenfalls die Befragungsergebnisse: So gaben nur 35 Prozent der im Schichtdienst arbeitenden Pflegefachpersonen an, dass sich ihr Privatleben mit dem Beruf „gut“ oder „sehr gut“ vereinbaren lasse. Bei denen, die nicht im Schichtbetrieb arbeiten, sind es rund zwei Drittel (68 Prozent). „Frauen überlegen sich doch bei diesen Arbeitsbedingungen dreimal, ob sie in diesen Beruf einsteigen und parallel dazu eine Familie gründen“, sagt Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW. „Und gerade wegen des sich immer drastischer zuspitzenden Fachkräftemangels können wir es uns nicht leisten, diese Personengruppe zu verlieren. Und das nur, weil es uns nicht gelingt, ihnen ein gutes Vereinbarkeitsangebot zu machen.“

In der Praxis wird bereits gegensteuert. So haben sich in einigen Krankenhäusern sogenannte Flex Pools bewährt, um kurzfristige Personalbedarfe zu decken. Die Mitarbeiter*innen, die einem Flex Pool angehören, profitieren von größtmöglicher Flexibilität: Denn sie dürfen ihre Arbeitszeiten selbst festlegen. Die Beschäftigten werden dann je nach Bedarf in verschiedenen Stationen eingesetzt. „Dieses flexible Arbeitszeitmodell ermöglicht es, Personalengpässe zu überbrücken, ohne dass dabei die Qualität der Patientenversorgung beeinträchtigt wird. Daher müssen Flex Pools deutlich flächendeckender zum Einsatz kommen. Für die Langzeitpflege brauchen wir aber noch passgenauere Lösungen“, fordert Ilka Mildner. Daher steht die Pflegekammer NRW auch einer Diskussion über Chancen und Herausforderungen von Arbeitnehmerüberlassung – unter Berücksichtigung klarer Qualitätsindikatoren – offen gegenüber. Dazu hat die Pflegekammer NRW bereits eine Expertengruppe ins Leben gerufen sowie ein Positionspapier veröffentlicht.

Künftig werden auch die Rahmenbedingungen, die Pflegeeinrichtungen ihren Beschäftigten bieten, eine immer wichtigere Rolle spielen, um kurzfristiges Einspringen einzudämmen. So gibt es zum Beispiel seit den 1980er-Jahren in den USA sogenannte Magnetkrankenhäuser. Diese stehen für besonders hohe Pflegequalität und zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr erfolgreich darin sind, Pflegefachpersonen „magnetisch“ anzuziehen und langfristig zu binden. Magnetkrankenhäuser bieten sehr gute Arbeitsbedingungen mit beispielsweise ausreichend Weiterentwicklungsmöglichkeiten oder Drei-Tage-Wochen mit Schichten von jeweils zwölf Stunden. „Die Rechnung geht auf: je besser die Rahmenbedingungen, desto weniger Krankmeldungen und damit verbundene kurzfristige Lücken in der Personalplanung“, sagt Leah Dörr, Mitglied des Vorstands der Pflegekammer NRW. Mit den Unikliniken Münster, Bonn und Düsseldorf sowie der Neusser Klinik wird dieses Modell derzeit in vier Krankenhäusern in NRW im Rahmen des europaweiten Projekts „Magnet4Europe“ erprobt.

An der Onlineumfrage des IfD Allensbach haben knapp 2.200 Mitglieder der Pflegekammer NRW teilgenommen. Die Umfrage wurde zeitgleich auch für die Landespflegekammer in Rheinland-Pfalz vorgenommen. Die Ergebnisse stimmen in ihrer Struktur mit den Resultaten von NRW überein, so dass sich daraus Erkenntnisse über die berufliche Situation der Pflegenden in NRW gewinnen lassen.

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Text in der Grafik: Immer auf Abruf? 595 der Pflegefachpersonen in NRW müssen oft oder sehr oft einspringen.

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