Ruth Schröck ist am Abend des 30. Dezember 2023 im Alter von 92 Jahren in ihrer Wahlheimat Edinburgh, Schottland verstorben. Die professionelle Pflege in Deutschland verliert mit ihr eine große Persönlichkeit.
Geboren wurde Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ruth Schröck am 7. Juli 1931 in Berlin. Nachdem sie die allgemeine Hochschulreife im Jahr 1949 erlangt hatte, studierte sie an der Freien Universität Berlin Biologie, Philosophie und Sport. Ruth Schröck war von 1952 bis 1955 als Lehrerin an der Herz Jesu Schule tätig und unterrichtete die Fächer Biologie, Chemie, Mathematik und Sport. Nach ihrer allgemeinen und psychiatrischen Krankenpflegeausbildung in Bristol, England, arbeitete sie dort bis 1963 als Stationsschwester und bis 1966 als leitende Stationsschwester auf einer Akut-Aufnahmestation in Edinburgh, Schottland. An der Universität Edinburgh studierte Ruth Schröck Pflegewissenschaft, Philosophie und Sozialwissenschaft und arbeitete nach dem Diplom in Pflegepädagogik und dem M.A.-Abschluss bis 1971 als Lehrerin für Pflege in der Psychiatrie im Royal Edinburgh Hospital und anschließend bis 1978 als Dozentin in den Bereichen Pflege in der Psychiatrie, Erziehungswissenschaft und Psychologie an der Universität Edinburgh. Von 1978 bis 1984 bekleidete Ruth Schröck eine Assistenzprofessur für Krankenpflege an der Abertay Universität in Dundee, Schottland, und promovierte 1981 an der Universität Edinburgh. Von 1984 bis 1987 war sie Professorin für Pflege und Leiterin des Fachbereichs Gesundheit und Pflege an der Queen Margaret Universität in Edinburgh. 1987 folgte Ruth Schröck dem Ruf an die Fachhochschule Osnabrück und leitete dort als erste Pflegeprofessorin die Pflegestudiengänge bis 1996. Anschließend übernahm sie an der Universität Witten/Herdecke den Lehrstuhl für Pflegewissenschaft und baute das erste Promotionsprogramm für Pflegewissenschaft in Deutschland auf. Sie hat dieses Graduiertenkolleg fast zehn Jahre geleitet und bis 2022 Promovierende betreut.
Ruth Schröck war auch außerhalb von Hochschulen aktiv. Sie war von 1972 bis 1987 Mitglied und Vorsitzende verschiedener Gremien in der schottischen Aufsichtsbehörde für Pflegeberufe, dem „National Board for Nursing, Midwifery and Health Visiting for Scotland“ und der britischen Pflegekammer, dem „United Kingdom Council for Nursing, Midwifery and Health Visiting“. Daneben war sie in anderen Fachgesellschaften aktiv, in Deutschland war sie Mitglied der Zentralen Arbeitsgruppe Pflegeforschung im „Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK)“, Gründungsmitglied und Vorsitzende im „Deutschen Verein zur Förderung von Pflegewissenschaft und -forschung“, heute „Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft“, Mitglied des Beirates „Stipendien- und Qualifizierungsprogramme Pflege“ der Robert-Bosch-Stiftung sowie Vorsitzende der Ethikkommission im DBfK. Neben mehreren Ehrendoktoraten und -mitgliedschaften in Großbritannien und Deutschland erhielt Ruth Schröck zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Pflegepreis des Deutschen Pflegerates, die Medaille der Robert Bosch Stiftung, die Agnes Karll-Medaille des DBfK, und am 3. Oktober 2017 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz erster Klasse verliehen.
Ruth Schröck lag die berufspolitische Entwicklung der professionellen Pflege in Deutschland sehr am Herzen. Insbesondere die Entwicklungen in Richtung Pflegekammern wurden immer von ihr unterstützt. Aufgrund ihrer persönlichen Erfahrung hielt sie die Implementierung einer Pflegekammer nicht nur für erstrebenswert, sondern für einen wesentlichen Prozess zur Professionalisierung. In einem Interview hatte sie einmal gesagt: „Wenn sich der Berufsstand nicht selbst verwalten und disziplinieren kann, dann hat er eben nicht die Autonomie, die eigentlich in der Idee von Professionalisierung enthalten sein sollte“, wobei sie Autonomie nicht gleichsetzte mit Unabhängigkeit, die es nach Ruth Schröck in keiner Berufsgruppe im Gesundheitswesen gab. Vielmehr stand für sie der Begriff Autonomie sowohl für die Entwicklung der Aufgaben eines Berufsstandes als auch für die Umsetzung, Bewertung und Anpassung. Wichtig war Ruth Schröck, die Bedeutung der Pflegekammer nicht aus den Augen zu verlieren, nämlich die Sicherstellung einer angemessenen Pflege der Bevölkerung: „Die Pflegekammer ist dazu da, der Öffentlichkeit zu dienen und den Schutz der Öffentlichkeit wahrzunehmen. Um das zu erreichen, hat sie diese Teilaufgaben über die Ausbildung, über die Weiter- und Fortbildung und die Disziplinaraufgabe“.
Neben ihrer außerordentlichen Expertise zu pflegerischen und pflegewissenschaftlichen Themen verfügte Ruth Schröck über ein beeindruckendes Allgemeinwissen und gleichzeitig eine nie enden wollende Wissbegier. Stundenlang konnte sie Gespräche über das aktuelle Weltgeschehen führen und war gleichzeitig eine gute Ratgeberin in allen Lebenslagen. Ruth Schröck war fest eingebunden in die reichhaltige Kunst- und Kulturszene in Edinburgh und liebte es über alles Bücher in der Hand zu halten und zu lesen. Trotz zunehmend eingeschränkter Mobilität und Sehfähigkeit war Ruth Schröck bis in die letzten Wochen ihres langen und erfüllten Lebens voller Interesse und Lebensmut. Mit ihrem legendären Ausspruch „Es gibt keinen Grund, nichts zu tun“ wird uns Ruth Schröck als Pionierin der deutschen Pflegewissenschaft und leidenschaftliche Fürsprecherin für die Professionalisierung der Pflege, bei der der Mensch stets im Mittelpunkt steht, in guter Erinnerung bleiben. Ihr Tod hinterlässt eine tiefe Trauer, aber auch die Verpflichtung, ihr Erbe fortzuführen und die von ihr begonnenen Entwicklungen in der Pflegewissenschaft weiter voranzutreiben.
Mit Ruth Schröck verlieren wir eine Visionärin, Wissenschaftlerin, Mentorin, Kollegin und Freundin. Sie wird uns sehr fehlen.
Es wurde ein Gedenkbuch [.docx-Datei] erstellt.
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