Die Pflegekammer NRW warnt insbesondere für die kommenden Wochen vor einer dramatischen Versorgungslage für Kinder und Jugendliche im bevölkerungsreichsten Bundesland. „Wir müssen davon ausgehen, dass wir mitten in Deutschland Kinder nicht mehr angemessen versorgen können“, sagt Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW. Schuld daran sei die seit Jahren zunehmende Personalnot auf den Stationen, die nun in Winterzeiten kombiniert mit den Krankmeldungen des Personals zu einer Überlastung vor Ort in den Kliniken führt. – Und jetzt folgt dann noch Karneval.
Düsseldorf, 6. Febuar 2024 – Traditionell kommt nämlich der Höhepunkt der aktuell schon grassierenden Influenza-Welle bei Kleinkindern, die bei kritischem Verlauf klinisch behandelt werden müssen, direkt nach Karneval. Das wird die Lage noch mal „on top“ verschlimmern. „Als Pflegekammer haben wir bereits im Sommer darauf aufmerksam gemacht, dass eine Erholung für Pflegefachpersonen über das Jahr nicht möglich war. Wir haben außerdem gefordert, dass mehr Ressourcen in das Training von jungen Pflegefachpersonen fließen und auch mehr in die Einbindung ausländischer Fachkräfte investiert werden muss, statt „nur“ die bestehenden Stellen zu refinanzieren. Das reicht eben nicht. Ich bin kein Freund von Alarmismus, aber was wir in den Kinderkliniken erleben, ist eine Katastrophe mit Ansage“, so Postel.
Deshalb mussten nun vielerorts sogar deutlich früher als gedacht ganze Stationen geschlossen werden, weil eben das Personal fehlt. Aus den Einrichtungen hört die Pflegekammer-Präsidentin, dass etwa Kinder mangels Betten in der Notaufnahme übernachten. Auch müssten Intensivbetten aufgrund von Personalmangel geschlossen und Kinder mit eigentlich intensivpflichtiger Sauerstofftherapie deshalb auf eine „Normalstation“ verschoben werden. „Freie Betten werden von den Klinikmitarbeitenden inzwischen NRW-weit gesucht, was nicht selten dazu führt, dass Kinder weit weg von ihren Eltern in anderen Kinderkliniken untergebracht werden müssen“, erklärt Postel. „Auch in allen anderen Settings der Pflege wird es mehr als eng, heute wollen wir aber ganz besonders auf die Situation der Kinderkrankenpflege hinweisen.“
Hinzu kämen bauliche Mängel, die sich ungünstig auf die Arbeitssituation von Pflegefachpersonen und die Versorgungslage der jungen Patient*innen auswirken. So gebe es in vielen Kinderkliniken z.B. keine separaten Eingänge, um immungeschwächte Kinder vor Kindern mit Grippe zu schützen. Ebenso sei eine Isolation bestimmter Virenstämme auf Station mangels Platzes oftmals nicht mehr realisierbar. Deshalb müssen ihrer Meinung nach, dringend bauliche Verbesserungen an den Kinderkliniken erfolgen. Die vom Land NRW in Aussicht gestellten 4 Mrd. Euro müssen deswegen, so Postel, im Einvernehmen mit den Kinder- und Jugendmediziner*innen gerade auch in die Infrastruktur der Kinderkliniken investiert werden.
Das alles, so Postel, hinterlasse natürlich einen gewissen Eindruck beim Personal. „Sie können sich sicherlich vorstellen, dass die aktuelle Situation insbesondere für die frisch examinierten Pflege-Kolleg*innen in den Kliniken schwer zu bewältigen ist, so dass wir nach dieser Winter-Saison eine Ausstiegswelle von jungen Pflegefachpersonen befürchten müssen, wenn wir jetzt nicht dagegenhalten und den Kolleg*innen beistehen“, sagt die Expertin. Die Pflegekammer NRW fordert deshalb, die vor einigen Jahren eingeführte Personaluntergrenze auf den Stationen auf jeden Fall beizubehalten. „So sehr die Situation auch gerade aus dem Ruder läuft, aber wir dürfen auf gar keinen Fall den Schlüssel von zu pflegenden Patient*innen pro Pflegefachperson aufweichen. Ansonsten verlieren wir viele Kolleg*innen, die vollends erschöpft aufgeben. Es kann zudem nicht sein, dass wieder einmal die Pflegefachpersonen herhalten müssen, weil Politik und Selbstverwaltung sich nicht auf den Weg machen, um neue Lösungen aus der Misere zu finden.“
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