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Mehr Geld, mehr Personal und vor allem mehr Zeit für die Patienten – in vielen Ländern setzen sich Menschen für bessere Bedingungen in der Pflege ein. Denn auch wenn durch die Corona-Pandemie beruflich Pflegende in den Fokus gerückt sind, sie als Helden gefeiert wurden und es Beifallsstürme vom Balkon gab: Wirklich gebessert hat sich nichts.

Ganz besonders angespannt ist die Situation in Frankreich. Denn hier wird bereits seit Jahren Raubbau am Gesundheitswesen betrieben. Haushaltskürzungen, massiver Abbau von Krankenhausbetten, Unterbezahlung, Arbeiten bis zur kompletten Erschöpfung – das sind nur einige Stichworte, die zeigen, wie prekär die Lage aktuell ist. So gehört Frankreich laut ver.di zu den wenigen OECD-Ländern, in denen das Gehalt vieler Pflegenden unter dem Durchschnittslohn liegt. Und das bei stetig wachsender Arbeitsbelastung. Ein Beispiel: Die Zahl der Patienten, die in Notaufnahmen behandelt wurden, hat sich von 1996 bis 2016 mehr als verdoppelt. Inzwischen dürften es noch weitaus mehr Patienten sein. Jetzt sollte man meinen, dass den Krankenhäusern dann auch mehr Mittel zur Verfügung gestellt wurden, um auf den erhöhten Bedarf zu reagieren. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Laut dem französischen Krankenhausverband wurden von den Gesundheitseinrichtungen seit 2005 sogar noch Einsparungen in Höhe von 8,6 Milliarden Euro verlangt. Geld, das dringend benötigt würde – etwa für Personal.

Mit Folgen: Mehrere hundert Abteilungen mussten ihre Öffnungszeiten reduzieren oder sogar ganz schließen. Betroffen sind vor allem die Notaufnahmen, aber auch Entbindungsstationen sowie psychiatrische Einrichtungen. Zudem wurden in den vergangenen 15 Jahren 75 000 Krankenhausbetten abgeschafft. So kommen auf 1 000 Einwohner in Frankreich nur noch 5,6 Betten (in Deutschland sind es 7,9). Das führt dazu, dass Patienten teilweise in weit entfernte Krankenhäuser transportiert werden müssen, einfach weil es keinen Platz gibt. Die Versorgung von Menschen, die sich keine Privatklinik leisten können, ist somit stark gefährdet – und Gesundheit droht zum Luxusgut zu werden.

Die Regierung hat Zahlungen zugesagt – doch es fehlen strukturelle Änderungen. Den Franzosen reicht es: Pflegepersonal, Ärzte und Patienten versammeln sich seit Anfang des Jahres jeden Freitag für eine Schweigeminute vor den Krankenhäusern, um auf die Notstände aufmerksam zu machen. Am 7. Juni protestierten sie landesweit gegen die unzumutbaren Arbeitsbedingungen. Fakt ist: Die wehrhafte Pflege in Frankreich geht im Vergleich zu den deutschen Kollegen viel schneller auf die Straße und erhebt ihre Stimme. Ein Grund dafür liegt auch in den unterschiedlichen Strukturen beider Systeme. Da in Frankreich die Pflegekammer bereits lange etabliert ist, erfahren die Mitglieder hier zusätzliche Unterstützung bei der Organisation der Streiks. Und die zeigen erste Wirkungen: So bekommen Intensivpflegekräfte seit Januar eine Sonderprämie von 100 Euro monatlich, und die Regierung hat zusätzlich 50 Millionen Euro für die Altenhilfe zugesagt. Was im ersten Moment nach einem großen Erfolg klingen mag, ist in Wahrheit nicht mehr als ein Trostpflaster.

Denn die streikenden Pflegekräfte fordern viel mehr: unter anderem 300 Euro mehr Nettogehalt pro Monat, die Schaffung von 10 000 neuen Stellen sowie den sofortigen Stopp des Bettenabbaus, der
Schließung von Stationen und Krankenhäusern. Der Streik in der Pflege wird also noch weiter andauern – für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

 

Der gesamte Artikel ist in der aktuellen Ausgabe des Magazins Pflege & Familie zu lesen.

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