Mit Blick auf den internationalen Pflegenotstand gab es jetzt beim „International Congress of Nursing Regulators“ in Rom deutliche Kritik an Deutschland. Der Fachkräftemangel sei in vielen EU-Ländern durch die Bundesrepublik mit verursacht, so die einhellige Meinung der Expert*innen. „Die WHO Europa hat uns berichtet, dass Deutschland viele Pflegefachpersonen anziehe, aber Pflege nicht weiterentwickele und auch zu wenig für den Verbleib der Expert*innen im Land tue“, resümieren Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW und Jens Albrecht, Vizepräsident, die an der Konferenz teilgenommen haben.
Düsseldorf, 17. Oktober 2024 – Während nämlich Länder wie Irland ausländische Pflegefachpersonen mit regulierten Förder- und Qualifikationsprogrammen systematisch dabei helfen, sich zu integrieren und zu bleiben, hinke Deutschland spürbar hinterher. „In Deutschland wird es den Einrichtungen überlassen, mal besser oder schlechter zu integrieren“, sagt Postel. Diese Eigenart habe fatale Folgen. Laut NRW-Landesberichterstattung (s.u.) seien nämlich 75 Prozent der ausländischen Pflegefachpersonen, die das Anerkennungsverfahren durchlaufen haben, längerfristig nicht mehr in der Pflege in NRW tätig.
„Das Schlimme ist, dass wir gar nicht sagen können, wo sie hingehen, weil unser deutsches Datensystem, sagen wir es mal vorsichtig, noch nicht so weit ist“, so Postel. In diesem Zusammenhang kritisiert die Präsidentin, dass in der politischen Diskussion ein völlig falscher Fokus gesetzt werde. „Statt sich darauf zu konzentrieren, diese wertvollen Fachkräfte zu halten, verstrickt sich die deutsche Politik in eine unsägliche Migrationsdebatte, die für jede Pflegefachperson, die mit dem Gedanken spielt, hierher zu kommen, abschreckender nicht sein könnte“, so Postel. „Und machen wir uns nichts vor: Bei der Verbreitung dieser negativen Stimmung spielt der Rechtsextremismus eine große Rolle.“
Es sei an der Zeit, den Tatsachen ins Auge zu sehen, sagt Postel: „Wenn Deutschland seinen Ton und seine Politik nicht ändert, verlieren wir nicht nur Talente, sondern schaden auch weiterhin unserem Gesundheitssystem und den Menschen, die auf unsere Pflege angewiesen sind. Wir brauchen eine echte Strategie, um die Pflegenden, die wir gewonnen haben, zu halten und Deutschland zu einem Ort zu machen, an dem wir alle gemeinsam gerne bleiben.“
Gleichzeitig stellte Jens Albrecht fest, dass andere Nationen bereits sehr eng mit der WHO vernetzt sind. „Durch das Fehlen einer bundesweiten Kammer ist die Pflege in Deutschland weder in den Berichterstattungen zu Gesundheits- und Pflegefachperson in Europa vertreten oder zumindest an deren Erstellung beteiligt, noch in die politischen Initiativen der europäischen Vertretung der Pflegekammern eingebunden.“ Dies müsse sich dringend ändern.
In anderen europäischen Ländern gebe es bereits seit vielen Jahren Pflegekammern, die dort die Pflege bereits spürbar vorangebracht hätten, etwa durch die Akademisierung oder auch als stolze und schlagkräftige Berufsvertretung gegenüber anderen Akteuren im Gesundheitsmarkt.
↗️ Stimmen vom International Congress of Nursing Regulators
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